Toulouse, Frankreich
Fast ein halbes Jahr ist es jetzt her, dass ich das letzte mal einen Blogeintrag geschrieben habe. Mein Leben war einfach auf einmal so VOLL von neuen Dingen, dass ich kaum Zeit gefunden habe, mal aufzuatmen, in Ruhe zu schreiben, und erst recht nicht, zu reisen.
Ich bin jetzt glücklich in Dresden, hab meine Freunde, hab mein neues Zuhause dort. Hab es gerade durch die erste Prüfungszeit geschafft und doch, obwohl so so viel passiert ist, trotz Stress und vielen langen Abenden in der Bibliothek, kann ich irgendwie gar nicht fassen, dass das 1. Semester schon vorbei sein soll.
Und es ist natürlich anspruchsvoll, aber es macht mich auch glücklich.
Seit ich studiere, trink ich meinen Kaffee schwarz.
Jetzt sind aber nach 6 Wochen lernen doch überraschend plötzlich alle Prüfungen vorbei, und dieser plötzliche Freiheitsschlag fühlt sich irgendwie noch gar nicht nach Freiheit an, sondern man ist nur plötzlich überrascht, wie schnell das doch ging, und wie müde man ist, wenn man keine zwei Kaffee mehr am Tag trinkt und der Stress der nächsten Prüfung verschwindet.
Und jetzt bin ich einen Tag nach der letzten Prüfung nach Berlin gefahren, das war gestern, und jetzt sitze ich schon im Flugzeug und kann gar nicht fassen, dass ich um die Zeit vor 2 Tagen noch im Hörsaal über den Prüfungsblättern geschwitzt habe. Ein Blick nach draußen, ich schwebe über den Wolken… was irgendwie ein viel deutlicheres Gefühl von Freiheit auslöst, als die Lernzeit zu überstehen. Jetzt bin ich auf dem Weg in den Süden, und ich hab richtig Lust darauf! Je viens! (Ich komme!)
In Toulouse angekommen, aus dem Flugzeug ausgestiegen und von 17 Grad empfangen. Sowas von frühlingshaft!
Und irgendwie hab ich diesmal kein bisschen Reisenervosität. Es scheint wie die normalste Sache der Welt, nach Frankreich zu fliegen. Wie nach Hause zu kommen.
Und dann treffe ich mich mit Anna aus Estland, die ich im Auslandsjahr kennengelernt habe und die nun dort studiert, und obwohl wir uns über ein halbes Jahr nicht gesehen haben, umarmen wir uns, und – schwupps – fangen beide an zu reden, und können nicht mehr aufhören.
Sie wohnt ein wenig am Stadtrand, und es macht mir die Stadt noch etwas sympathischer, abends durch die Vorstadt zu ihr nach Hause zu gehen, wo eher Bungalows und kleine, 2-stöckige Bauten in Vorgärten stehen, im Hintergrund die Hochhäuser. Ein bisschen weniger schick, ein bisschen weniger rausgeputzt für die Touristen, ein bisschen ärmer, ein bisschen echter. Drei junge Männer, die abends den Fußball auf der Straße herumkicken.
Eine bunt mit fantasievollen Graffiti besprühte „Sporthalle“, in der sonntags Pétanque gespielt wird, eine Version des klassischen französischen Boule-Spiels.
Eine schmale Treppe führt zu einer verwinkelten Wohnung, dermaßen ungünstig aufgeteilt, wie man es in Deutschland nie sehen würde, aber gleichzeitig so charmant, dass man das Gefühl hat, Audrey Tautou schaut gleich um die nächste Zimmerecke.

Abends um 9 oder 10 fahren wir dann nochmal rein in die Stadt zum Ausgehen.
Aus der Metro nach oben, und die Stadt ist lebendig, Samstagabend-Stimmung.
La liberté française.
Es macht extrem Spaß, mit Anna auszugehen, denn sie kennt die Barkeeper und ihre Lieblingsclubs, mit ihr fühl ich mich wie eine französische Studentin, sie kennt sich aus, zielstrebig gehen wir durch den aufkommenden Abend durch die engen Straßen. In der Downton Factory sitzen wir im Hinterhof, von oben schallt Musik zu uns, die Türen weit geöffnet zur Bar mit Leuchtschrift, über uns Efeu an den Mauern und offener Himmel, und es ist nicht zu kalt. Gegen 11 fängt es an, sich zu füllen.
Wir haben viel zu bequatschen, zwei Ausländerinnen mit einer gemeinsamen Sprache, die weder ihre noch meine Muttersprache ist. Ich rede begeistert und holprig und mit vielen Fehlern, aber das Französisch kommt auch schnell wieder.
Und irgendwann ziehen wir nochmal los in die Straßen, und es herrscht wirklich schon die reinste Frühlingsstimmung. Die meisten Clubs öffnen um eins. Lange Schlangen französischer Studenten davor. Anna und ich spazieren durch die nächtliche Stadt, und ich erkenne das Toulouse kaum wieder, was ich von täglichen Ausflügen letztes Jahr gewohnt bin.
Die kleinen Kneipen sind voll bis auf die Straße, auf Balkons stehen Leute und unterhalten sich beim Rauchen, und immer mal wieder erkenn ich einen Brunnen, eine Ecke der Stadt, ein Ladenschild eines (um diese Zeit geschlossenen) Schkoladenladens, und da ist der Place de la Trinité…
Um 2 fahren wir dann heim zu meiner Freundin. Was für ein schöner erster Eindruck. Was Neues in der vertrauten Stadt, und endlich wieder Frankreich.

Au revoir aus Frankreich!
Ach, das klingt ja noch viel besser als Urlaub. Einfach nur wohlfühlen.
Croquerez à pleines dents 🙂
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