Strasbourg, Frankreich
Die Checkliste ist abgearbeitet, Portmonnaie und Zugfahrkarten sind eingesteckt.
Jetzt geht es los in die Stadt an der Grenze zu Deutschland, Straßburg! (Oder auf französisch: Strasbourg).
Mein kleines süßes französisches Städtchen Figeac liegt, wie vielleicht nicht jeder Leser weiß, direkt am Jacobsweg. Backpacker sieht man im Sommer daher täglich auf den Straßen – wenige von Ihnen tragen allerdings Vans-Schuhe und einen Trenchcoat. Ich ernte darum einige irritierte Blicke auf dem Weg zum Bahnhof. Ich bin der bunte Mix aus „hat versucht ausnahmsweise mal leichtes Gepäck mitzunehmen“ und „konnte sich trotzdem nicht von den Stadt-Essentials trennen“.
Erstmal ist heute natürlich der allerschönste Tag; wenn ich grade wegfahre, scheint die Sonne. Andererseits habe ich so vom Zugfenster aus die ganze Zeit eine schöne Aussicht garantiert. Es geht los, 9.33 Uhr. In den Zug. Und die erste Stunde. Rattattattam, quer durch die grüne Sommer-Landschaft in nördliche Richtung. Es gibt bewaldete Hügel zu sehen und einige übermotivierte Senior-Wandergruppen, die in den frühen Morgenstunden losgezogen sind und überraschenderweise trotz der riesigen Auswahl an schönen Waldwegen rundum den gewählt haben, der direkt am Bahngleis entlang führt.
Ich lehne mich lieber in meinem Sitz zurück, für mich ist mein halbzerdrücktes, aber noch ofenwarmes Croissant der Himmel auf Erden. Kopfhörer rein, neue Playlist an, et allons-y!
Die geübte Reisende hat immer dabei:
– Kopfhörer (nicht nur für den dramatischen Soundtrack, wenn du aus dem Zugfenster schauen und dich wie in einem Film fühlen willst; sondern auch als Zeichen für andere Reisende, dass du nicht gesprächsbereit bist)
– einen Apfel. Super Reiseproviant, auch wenn das Knurpsen eventuell dem Nachbarn auf den Geist geht.
– eine Wasserflasche, die nicht ganz unten in ihrem Backpacker Rucksack vergraben liegt (die ganz Aufmerksamen unter euch haben vielleicht den leichten Unterton verstanden, dass ich Punkt drei dann bei der nächsten Reise beachten werde.)

Dann ein anderer Zug, 4 Stunden 20 nach Paris – so weit ist es eigentlich gar nicht. Aber natürlich habe ich nicht das Glück, einen schönen privaten Sitz am Fenster zu ergattern, sondern lande dafür einem Briten und seiner Freundin gegenüber in einer dieser 4er Sitzgruppen. Das ist im Prinzip gar nicht uninteressant, wird nur unangenehm für die groß gewachsenen unter uns (ergo: mich), wenn die netten Touristen versuchen, ihre Rucksäcke auch noch in den ohnehin schon knappen Beinraum zwischen uns zu quetschen.
Die beiden steigen dann zum Glück schon nach einer Stunde aus. Beine ausstrecken in einem 4er Abteil ganz für mich allein – Was für ein Luxus! 😌 Doch promt hat eine Mutter mit 3 Kindern ein Auge auf meinen schönen Platz geworden und bittet mich, doch bitte bitte mit ihr zu tauschen, ich bekomme auch einen Fensterplatz, damit sie mit den Kindern zusammen sitzen kann. Puh. Das hat man davon, freundlich zu sein. Naklar bekommt die Frau meinen Platz.
Und tatsächlich ist der andere Sitz dann ein Jackpot – mit extra Beinfreiheit, verstellbarer Lehne und sogar einer Steckdose. Ach, kann das schön sein, wenn man so selbstlos ist… 😉 Das nenn ich mal gutes Karma!
Aber natürlich, immer wenn man es sich gerade gemütlich macht, kommt etwas wovon man gehofft hat, dass es nicht passieren würde. Ich war nervös weil ich in Paris nur 47 Minuten hatte, um mit der Metro von einem Bahnhof zum anderen zu fahren. Dann kam die Durchsage, dass unser Zug in Paris mit 20 Minuten Verspätung ankommen würde. Da wurde ich dann richtig nervös.
Ich will heute noch nach Strasbourg, bitte…!
Die französische Zuggesellschaft ist anscheinend vorsichtiger und selbstkritischer als die deutsche Bahn, wir hatten dann tatsächlich 15 Minuten Verspätung. Dennoch, es blieb mir nur eine halbe Stunde – um den Weg rauszufinden, mir ein Metro Ticket zu besorgen und am Bahnhof noch den richtigen Zug zu finden.
Also los. Auf den Metro Plan geschaut. Nichts gefunden. Hilfe, wer kann mir das erklären? Nochmal hingeschaut. Naklar, wie doof, war ja direkt vor meiner Nase. Richtige Richtung suchen. Treppen rauf. Checken ob es wirklich die richtige Linie ist. Nochmal checken. Nochmal? Nein, keine Zeit. In die überirdische U-Bahn. Ausatmen.
Einen Zwei-Sekunden-Blick auf Notre Dame bekommen. Versuchen, niemanden mit meinem Backpack umzuhauen, jedes mal wenn ich mich umdrehe. Mir eine Minute nehmen, um den Pariser Stil um mich herum zu bewundern. Eine Frisur, ein Lippenstift, eine Tasche, ein Halstuch… oh. Gare de l’est, meine Station.
Raus. Züge suchen. Auf die Anzeigetafel schauen, mein Zug steht ganz oben. Schnell das Gleis suchen, natürlich das, was am weitesten von der Metro entfernt ist. Sich beeilen. Und – da ist der Zug! Da ist mein Wagen! Reingesprungen. Geschafft. Fünf Minuten später fahren wir.
(Anderthalb Stunden später.) Das Land ist flacher hier, und es gibt mehr Schafe. Ich habe schon einige Deutsche im Zug gehört.
Und dann, endlich, fahren wir in den Bahnhof ein.

Ich muss sagen, Strasbourg ist wirklich viel hübscher, als ich erwartet habe. Man muss dazu sagen, dass mein einziger Eindruck bisher eine halbe Nacht im letzten August war, wo ich nicht sonderlich viel von der Stadt gesehen habe. Jetzt komme ich gegen 8 Uhr an, im letzten Abendlicht, und kann die Masse an hübschen Fachwerkhäusern bewundern. Das Zimmer von der lieben Antonia (einer anderen Freiwilligen), wo ich schlafe, ist groß, gemütlich und direkt am Zentrum.
Nach diesem langen Tag habe ich echt Hunger und beschließe daher, nochmal in die Stadt zu gehen (auch, um die Atmosphäre in mich einzusaugen). Ich gehe an den Fluss, dort ist es sehr schön. Ich bin so ziemlich die einzige auf der Straße, die einen Mantel an hat… für die Straßburger ist 25 Grad schon Hochsommer-Saison. Bei uns im Süden sehen wir das ja eher als kühles Märzwetter… 😉



Jetzt, wo ich einen Platz zum Essen suche, fällt mir noch etwas auf: Strasbourg ist viel, viel VOLLER, als ich erwartet hätte. Ich erinnere mich gar nicht, wann ich das letzte mal so viele Leute vor einem Restaurant gesehen habe, dass man für einen Tisch anstehen musste. Es ist wie die reinste Hochsaison. Und das im Mai.
Als ich eine Frau auf französisch nach einer Auskunft frage, schaut sie mich verständnislos an. Als ich es nochmal auf deutsch versuche, muss sie lachen – Volltreffer.
Hier, so nah an der Grenze, gibt es so viele deutsche Menschen und in jedem zweiten Restaurant Menü-Übersetzungen auf deutsch, dass ich mich kaum mehr in Frankreich fühle. Es ist hübsch, lebendig und laut. Nach einem Abendbrot mit einem Glas Rosé zieht es mich dann aber doch wieder „nach hause“ in das Zimmer… Den ganzen Tag zu fahren, war dann doch ganz schön anstrengend.
Damit freu ich mich schon, morgen Strasbourg zu entdecken – ich hab mir eine Freiwillige, die hier in Straßburg arbeitet, als Stadtführerin organisiert und freue mich auch schon echt, die anderen Freiwilligen wiederzusehen.


Damit verabschiede ich mich erstmal.
Mit lieben Grüßen, diesmal aus dem Norden von Frankreich…
Au revoir! Anna.
Ach wie schön, Straburg ist doch immer ne nette sache! 🙂
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