Glückliche Entdeckungen

Montpellier, Frankreich

Serendipity [engl.]: etwas Gutes finden, ohne danach gesucht zu haben; ein glücklicher Zufallsfund

Vor 5 Uhr morgens aufzustehen, um den frühesten Zug zu bekommen, hat theoretisch den Vorteil, wenigstens die Hälfte der Reise zu verschlafen, wodurch diese wesentlich kürzer erscheint. Praktisch gesehen war ich früh morgens von meiner Entscheidung nicht mehr so begeistert. Im Zug wurde ich erst vom Sonnenaufgang und der Schaffnerin vom Schlafen abgelenkt, dann hielt mich meine eigene Nervosität vom Schlafen ab („was ist wenn ich erst beim Ankommen im Zielbahnhof aufwache und dann hetze ich aus dem Zug und vergesse was Wichtiges?“. Irrational, vielleicht. Aber hält auf jeden Fall zuverlässig vom Schlafen ab.)

So begann die Reise für meine Mitreisende Anna (meine Mitfreiwillige aus Ungarn) und mich voller Müdigkeit. Aber das ist ja nichts, was sich nicht mit Kaffee und Croissants am Umsteige-Bahnhof lösen ließe. 😉

Also ging es weiter auf dem Weg nach Montpellier… Richtung Sonne (hoffentlich) und Meer (mit Sicherheit). 😃

Nach einer dreieinhalb-stündigen Fahrt in einem Flixbus mit einem sehr fröhlichen Fahrer, der uns richtig Reiselust gemacht hat, waren wir dann angekommen.

Nach einem Blick auf den Stadtplan hatten wir uns einen Überblick verschafft und waren schnell mit der Tram bis zum Rand der Altstadt gefahren, wo unser (wirklich sehr gut gelegenes) kleines Apartment liegt.

Und Überraschung: die Schlüssel waren nicht, wie vom Vermieter versprochen, in einem zahlenschloss-gesicherten Kasten neben der Tür. Ein wenig Panik, ab ins nächstgelegene Café mit WLAN und Vermieter angerufen. Der geriet auch etwas in Panik. Wo sind die Schlüssel? Für uns gestaltete sich das Ganze relativ entspannt, da wir einfach im schönsten Sonnenschein warten konnten. Das Rätsel des Mysteriums war dann auch schnell gelöst –  die Putzfrau hatte die Schlüssel genommen, und so sind wir schließlich doch noch reingekommen. Es war etwas schwierig, das weit im hinteren Teil des Hauses versteckte Zimmer zu finden, wobei wir einige Nachbarn verschreckt haben mit dem Versuch, die falsche Tür aufzuschließen (die hielten uns anscheinend für sehr ungeschickte Einbrecher). Aber das Zimmer war dann sehr sauber, mit Küche und halt echt gut gelegen. Da freut man sich doch als geübte Reisende, die schon Schlimmeres erlebt hat. ☺

Und los ging es zum Entdecken! Wir dachten uns, für den ersten Nachmittag und Abend drehen wir erstmal nur eine Runde durch die Altstadt. Aber was wir da alles schon gesehen haben!!!

Erster Eindruck von Montpellier: Häuser sehen teilweise fast aus wie in Paris, sind aber nicht so hoch. Breite Fußgängerstraßen und große, grün bewachsene Plätze. Viele Second-Hand-Bücherläden (reiß dich zusammen, Anna!), kleine Boutiquen und verwinkelte Straßen mit einer Menge Tee Salons und Bars, sowohl als auch gefüllt mit fröhlichen jungen Menschen. Und viel Sonne und 25 Grad mit leichtem Wind. Was für ein perfekter Einstieg!

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Rue Foch
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Wie schön grün ist diese Stadt?!

Wir hörten bewundernd einem jungen Mann zu, der auf der Straße Gitarre spielte und echt nicht schlecht dazu sang. Vorallem sein Englisch-Niveau war für einen Franzosen erstaunlich, und so eine optimistische Koffer-Aufschrift hat uns gleich noch mehr Lust und Energie auf die Stadttour gegeben.

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Kofferaufschrift: Hallo! Ich heiße Zitoune. Ich probiere, gute Energie zu geben. […]
Am Ende einer Seitenstraße stolperten wir fast zufällig über die Kirche Carré Sainte Anne, die eigentlich eh auf unserer Checkliste für „Top 10 Montpellier“ stand. Deren Kirchturm war in Bauarbeiten komplett eingewickelt und kaum zu sehen. Schade, dachten wir, naja, gucken wir wenigstens mal kurz rein, kann man noch ne hübsche Orgel und Buntglasfenster sehen.

Weit gefehlt!!! Die Carré Sainte Anne war zwar mal Kirche, wird heute aber als großer Ausstellungsraum für contemporäre Kunst genutzt! Es war fast ein Schock, in diese alte, hohe, etwas brüchige Kirche hineinzusehen und statt dunkler, pathetischer Ruhe plötzlich einige sehr bunte und verwirrende Installationen zu sehen, bestehend aus Farbklecksen, glänzender Folie, schwebenden Luftballons und Plakatsprüchen auf – deutsch!

Jonathan Meese hieß der Künstler und ich war wohl die einzige Deutsche in weitem Umkreis, die die Schlagworte auf den Kunstwerken verstand (was den Inhalt nicht unbedingt deutlicher macht). Aber ich mag grundsätzlich den Kontrast zwischen klassisch und modern, daher hat mir das ganze Projekt einfach schon gefallen, weil es uns so überrascht hat.

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erster Eindruck
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deepe Bedeutung (?)

Danach haben wir eine Runde zum Arc de Triomphe von Montpellier gedreht, dahinter einen Panorama Blick über Montpellier genossen, in ganz ganz weiter Ferne schon einen kleinen blauen Punkt Meer (wie als Verheißung für morgen) entdeckt und uns an den vielen grünen Bäumen gefreut.

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Arc de Triomphe

Von dort aus haben wir einen Schlenker durch die Altstadt gedreht und haben zu unserer Freude entdeckt, dass der Jardin des Plantes in Montpellier gratis zugänglich ist (anders als der botanische Garten Berlin). Dort gibt es dunkelgrüne, sehr hohe Zypressen wie in der Toskana, es gibt einen schönen Teich und man kann im Schatten einfach mal entspannen.

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Zypressen im botanischen Garten

Beim Passieren der Cathédrale de Saint-Pierre waren wir auch schon beeindruckt, die war aber heute leider zu. Man muss sich ja auch noch was übrig behalten für die nächsten Tage.

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Place de la Canourgue (mittig im Hintergrund: ein Turm der Cathédrale)

Wir sind eine Ewigkeit im centre historique herumgeschlendert, um ein nicht touri-überladenes, nicht überteuertes, bei Einheimischen beliebtes Lokal zu finden – nur um am Ende doch beim Italiener an einer der größten Straßen überhaupt zu landen.

Beim Essen gab es allerdings eine überraschende Unterhaltung: eine Parade, die auf der Straße direkt neben uns anfing. Breit grinsende Leute auf Stelzen in Kostümen (ich hätte da nicht grinsen können. Ich hätte bei jedem Schritt Angst gehabt, umzukippen), dazu Musik und bunte Fahnen. Eine willkommene Unterhaltung für unseren Tagesausklang, die wir an der offenen Restauranttür sitzend sehr gut beobachten konnten.

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Straßenparade
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ungünstig geparkt

Was für ein Tag! Morgen stößt noch eine andere Mitreisende dazu, und wir haben wieder viel vor. Vorallem: ans Meer!

Bis dahin freu ich mich erstmal darüber, dass ich endlich braun werde.

Und so verbleibe ich, liebe Grüße und à bientôt, Anna.

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Ein Gedanke zu “Glückliche Entdeckungen

  1. Hallo, Anna!
    Du hast wieder einen wunderbaren Bericht über eure Anreise nach Montpellier und die ersten Entdeckungen dort geschrieben. Wir warten schon neugierig auf die Fortsetzung!! Einfach toll!!!Bis morgen(16.4.😘😘)

    Gefällt 1 Person

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