Andorra la Vella, Andorra
Am Abend vor dem Abreisetag hatte ich mal wieder die übliche Aufgeregtheit, Drama Queen is back: mein nervös-neurotisches Reise-Ich (was kann alles schief gehen?) im inneren Kampf mit meiner Entdeckungslust.
Aber letztendlich hoffe ich dadurch spontaner zu werden, dass ich mich selbst ins kalte Wasser, d. h. in unerwartete Situationen schmeiße, und dann eben irgendwie eine Lösung dafür finde. Positiv bleiben! 😁
Für diese Reise ist meine Mitreisende Kathi, die extra aus Berlin gekommen ist.
Am Abfahrtsmorgen (Montag, 3.4.) ist uns dann aufgefallen, dass wir so ziemlich DIE umständlichste Reiseroute nach Andorra gebucht hatten, mit 3 mal umsteigen statt nur einem einzigen mal, die gut eine Stunde länger dauert und zusätzlich noch 10 Euro teurer war. Aber gut. Die anstrebenden Reise-Profis lernen ja noch.
Nach der enttäuschenden, aber sehr bestimmten Aussage des Busfahrers, dass im Bus nicht gegessen wird (mein schönes Sandwich sah mich vorwurfsvoll an), ging es dann los. Für dieses kleine Opfer wurden wir aber mit einer wunderschönen Busstrecke belohnt. Unter Sonnenschein und Schäfchenwolken ging es durch die Landschaft des „Vallée de Lot“, und wir konnten uns an dem ganzen frühlingshaften Grün und sogar schon einigen gelben Rapsfeldern freuen. Da nimmt man die insgesamt etwas längere Strecke doch gern in Kauf – zumal die Bilderbuch-Landschaft hier nicht wie in Deutschland von lauter Windrädern zerstört wird. Mein Gewissen appelliert natürlich an meine Begeisterung für erneuerbare Energien, aber das ästhetische Auge denkt sich, so eine unberührte Landschaft hat schon was.

Vier Stunden und zweimal umsteigen später und unser Gepäck um eine leckere Nussmischung leichter (im Zug darf man dann ja endlich den von der Aufregung vergrößerten Appetit besänftigen), sehen wir die ersten Berge mit Schneegipfeln. Der Zug fährt sehr ruhig dahin, außer uns sehe ich momentan noch einen anderen Fahrgast im Wagen. Wer will schon nach Andorra? 😂 Na, wir!
In Andorra I Hospitalet steigen wir aus und merken dann, dass Wikipedia doch recht hatte (wir haben uns sturköpfig eingeredet, dass das ein Fehler sein muss) – im Kleinstaat Andorra gibt es keinen Schienenverkehr, unser Zug hat uns nur so weit bis an an die Grenze von Frankreich gebracht. Naja.
„LDA – Lebe den Augenblick.“ – Autumn Cornwell, „Carpe Diem“
Zu unserem Glück wartet vor dem Bahnhof ein Bus mit einem sehr netten Fahrer, der mein Französisch zwar eindeutig nicht versteht, aber doch bereit scheint, uns nach Andorra La Vella zu bringen – laut Offline-Karte sind wir immer noch 40km entfernt.
Im Bus erweitere ich meine Spanisch-Kenntnisse dank Kathi dann von null komma null auf immerhin 5 Wörter – hola, sí, no, gracias und per favore. Wer ist hier kulturell bereit für Neues? 😉
Angesichts der Serpentinen, die uns immer höher in die Berge tragen, und der sinkenden Temperaturen (1m Schneetiefe am Straßenrand und nichts mehr zu sehen von frühlingshaftem Grün), fangen wir dann allerdings doch an, uns ein bisschen Sorgen zu machen, ob wir uns diese Stadt so vorstellen, wie sie denn wirklich ist – schließlich hab ich bei der Aussage, dass meine nächste Reise nach Andorra geht, doch eher verständnislose Blicke geerntet.
Und es stellt sich die Frage, ob wir angemessen gepackt haben. Die Umrisse der Berggipfel um uns herum sind indessen gar nicht mehr zu erkennen, so sehr sind sie vom Nebel umwabert. Moment, das ist kein Nebel – Wolken!

„Warum hat mich denn niemand vorgewarnt, dass hier so viel Schnee ist?“ – Kathi
Nach einer Weile, die wir und der einzige andere Fahrgast uns gut amüsieren, allerdings auch mit dem Gefühl, mit jedem Meter vorwärts weiter in die Pampa zu fahren, überqueren wir den zwischenzeitlichen Höhepunkt von 1840m, und es geht abwärts.
Wir überqueren die Grenze, und sind jetzt offiziell in Andorra. Wie in einen Kessel geht es jetzt hinab, und während der Bus immer mehr Ski Hotels, Duty Free Supermärkte und Restaurants mit Touristen passiert, bekommt man das Gefühl, dass das vielleicht doch die richtige Richtung ist.
In Andorra la Vella zerschlägt sich zwar meine Vorstellung von einem friedlichen Bergstädtchen mit Schafen zwischen grünen Heidi-Wiesen und macht Platz für die Realität einer kleinen, aber modern gebauten Stadt in der Mitte des Tals. Aber wir sind so froh, angekommen zu sein, und es gibt sogar ein paar schöne rosa Abendwolken über den Bergen, die uns umschließen, dass das meine Reisefreude nicht hemmt.
Leider mit fast einer Stunde Verspätung kommen wir an der kleinen airbnb Wohnung an. Allerdings hatte ich echt keine Möglichkeit, der Vermieterin Bescheid zu sagen – das letzte mal, dass ich Netz hatte, ist Stunden her. Sorry.
Abends um 21 Uhr gehen wir dann nochmal los, um ein bisschen die Nachbarschaft anzusehen. Moderne Brücken und Beton rund um den flachen Fluss. In der Innenstadt Teenager auf Skateboards, Restaurants und in der Dunkelheit durch die Straßenlaternen grade noch erkennbare Bäume, die schwer mit rosa Blüten behangen sind.

Für mehr als eine kleine Runde reicht unsere Energie dann aber nicht mehr aus – auf uns warten ein überhitztes Apartment, eine Dusche und ein Bett. Mal sehen, ob wir morgen irgendwo Wlan finden. Oder etwas anderes Schönes.
Bis dahin tschau tschau – Liebe Grüße, Anna


P. S. Einige haben sich nach der Aufführung erkundigt, die ich im Abschluss meines letzten Beitrags erwähnt hatte. Es ist super gelaufen! Ich hab gesungen, und im Publikum hat sich ein Meer aus Handylichtern ausgebreitet, die im Rhythmus mitgeschunkelt haben. Schöne Stimmung und ein guter Abschluss vor den Ferien! Ja, ich hab ein Video. Nein, ich stelle es nicht online.
Nun sind wir wieder informiert . Dein Bericht ist wunderschön . Wir haben oft gelacht und gelächelt. Weiter so! Wir sind neugierig!!
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